Ernährung ist für alle wichtig – klar. Bei Spinaler Muskelatrophie (SMA) hat sie aber nochmal eine ganz andere Bedeutung, denn der Stoffwechsel tickt hier etwas anders: Eine geringere Muskelmasse führt zu einem veränderten Energiebedarf, während der Körper Nährstoffe nicht immer effizient verwertet.
Dazu kommen Herausforderungen wie Schluckbeschwerden, eingeschränkte Mobilität und manchmal auch Verdauungsprobleme. Nach einem All-you-can-eat-Buffet klingt es also erst mal nicht. Aber was braucht der Körper wirklich? Und wie geht man mit SMA schmackhaft durchs Leben?
Die richtige Kalorienzufuhr: Ein wahrer Balanceakt mit SMA

Menschen mit SMA haben oft einen niedrigeren Grundumsatz als muskelgesunde, aber das bedeutet nicht automatisch einen geringeren Energiebedarf. Manche erleben das Gegenteil: Eine schnellere Erschöpfung und ein höherer Kalorienverbrauch durch das Halten der Körperposition sind möglich.
Gleichzeitig führt eine zu hohe Kalorienzufuhr schnell zu unerwünschtem Gewicht, das die Bewegung weiter einschränken kann. Hier hilft es, sich mit den eigenen Energiebedürfnissen genau auseinanderzusetzen.
Neuere Studien legen auch nahe, dass bei Menschen mit SMA häufig ein niedriger Leptinwert vorliegt. Dies führt zu Störungen beim Hunger- und Sättigungsgefühl – entweder kommen diese stark verzögert oder treten gar nicht merkbar aus. Dies wiederum kann sowohl Untergewicht wie auch Übergewicht begünstigen.
Ein Ernährungstagebuch oder eine Analyse beim Ernährungsberater kann helfen, den richtigen Mittelweg zu finden, der sich bei jedem anders gestaltet, weil jeder Mensch mit SMA letztlich auch ein eigenes Szenario für sich ist. Mir hilft aber zusätzlich etwa auch, mir zu vergegenwärtigen, wie viele Nährstoffe ich mit der zu mir genommenen Speise zu mir nehme. Dies braucht Zeit und Übung, hilft aber langfristig, ein Gefühl für die ausreichende Menge an Mahlzeiten zu bekommen, auch bei einem schlechten Gespür für Hunger und Sättigung.
Proteine: Muskelerhalt statt Muskelaufbau lautet die Devise

Bei SMA geht es primär nicht um Muskelaufbau im klassischen Sinne, sondern um den Erhalt der noch vorhandenen Muskelmasse, um den weiteren progressiven Verfall möglichst weit hinauszuzögern. Genau dafür sind Proteine unentbehrlich. Hochwertige Eiweißquellen wie Fisch, Eier, Hülsenfrüchte oder Milchprodukte sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Doch Vorsicht mit zu viel tierischem Eiweiß: Eine hohe Säurelast kann langfristig den Stoffwechsel belasten und mitunter zu Gicht führen, was besonders bei eingeschränkter Mobilität ein Thema ist.
Viel Trinken und eine gesund abgewägte Mischung an hochwertigen Proteinen ist hier die gesündeste Variante. In Absprache mit dem Arzt oder auch im Rahmen einer Ernährungsberatung ist zu erwägen, ob eine Supplementierung mit hochwertigem Proteinpulver, zum Beispiel Whey-Protein aus Molkenprotein, sinnvoll ist. Insgesamt sollte die tägliche Gesamtenergiezufuhr 20 – 25 % betragen und hiervon allerdings auch nicht abweichen.
Fette: Langfristiger Speicher in Maßen unentbehrlich

Da der Körper mit Kohlenhydraten eher kurzfristig arbeitet und auch Menschen mit SMA langfristig angelegte Energiequelle brauchen, können gesunde Fette hier einen wertvollen Beitrag zur Ernährung leisten. Omega-3-Fettsäuren aus Fisch, Leinöl oder Chiasamen haben zusätzlich eine entzündungshemmende Wirkung, was bei SMA von Vorteil sein kann.
Transfette und raffinierte Öle sollte man hingegen meiden – sie fördern Entzündungsprozesse im Körper. Trotz ihrer unentbehrlichen und positiven Eigenschaften sollten Fettsäuren insgesamt mit Bedacht konsumiert werden, da Fette insgesamt etwa den doppelten Brennwert von Kohlenhydraten und Protein haben. Fett sollte daher nicht mehr als 30 % der täglichen Gesamtenergiezufuhr ausmachen.
Kohlenhydrate: Die Spreu vom Weizen trennen

Kohlenhydrate sind häufig ein zweischneidiges Schwert. Einerseits liefern sie schnelle Energie, andererseits kann ein Übermaß an einfachen Zuckerquellen zu Blutzuckerschwankungen und Gewichtszunahme führen.
Für Menschen mit SMA ist es deshalb sinnvoll, auf komplexe Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Gemüse und Hülsenfrüchten zu setzen. Diese liefern nicht nur Energie, sondern auch Ballaststoffe, die die Verdauung unterstützen.
Raffinierte Zucker und Weißmehlprodukte sollte man hingegen eher meiden, auch wenn sie oft leichter zu kauen und schlucken sind, da sie kaum Nährstoffe enthalten und zu Energieeinbrüchen führen können. Besser ist es, Vollkornprodukte zu zerkleinern oder zu pürieren. So werden einerseits die Vorteile komplexer Kohlenhydrate weitgehend ausgeschöpft, sind aber auf diese Weise gleichzeitig angenehm zu verzehren.
Mikronährstoffe: Ganz abgestimmtes Zusammenspiel in kleinstem Maße

Ein Mangel an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen kann bei SMA große Auswirkungen haben. Hier ein paar besonders wichtige:
- Vitamin D & Kalzium: Wichtige Nährstoffe für die Knochengesundheit, um das Osteoporoserisiko zu senken, zumal dieses bei Menschen mit SMA ausgeprägt ist.
- Magnesium: Hilft bei Muskelkrämpfen und unterstützt die Nervenfunktion.
- B-Vitamine: Besonders B12 ist essenziell für die Energiegewinnung.
- Coenzym Q10 & Carnitin: Diese Stoffe spielen eine Rolle im Energiestoffwechsel und können bei chronischer Müdigkeit helfen.
Blutwerte checken zu lassen, ist hier eine gute Idee – nicht alles lässt sich durch Ernährung allein regulieren, insbesondere bei einer generellen Unterernährung oder einer zu einseitigen Kost. In Absprache mit dem behandelnden Arzt oder Ernährungsberater ist hier eine gezielte Supplementierung der mangelhaft verfügbaren Mikronährstoffen angebracht.
Flüssigkeitszufuhr: Mindestens genauso wichtig wie Nahrung

Gerade bei Schluckbeschwerden oder geringerem Durstgefühl besteht die Gefahr, zu wenig Flüssigkeit aufzunehmen. Dabei ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr essenziell für die Verdauung, den Stoffwechsel und die allgemeine Energieversorgung. Mindestens 2 Liter täglich sind anzustreben, wobei bei einer erhöhten Proteinzufuhr auch durchaus mehr getrunken werden sollte.
Empfehlenswert sind Wasser, ungesüßte Tees oder verdünnte Säfte. Wer Schwierigkeiten beim Trinken hat, kann auf angedickte Flüssigkeiten oder wasserreiche Lebensmittel wie Suppen, Smoothies oder Melonen setzen. Regelmäßiges Trinken in kleinen Mengen über den Tag verteilt kann einfacher sein als große Mengen auf einmal.
Schluckbeschwerden? Darmprobleme? Müssen kein Problem sein!

Schluckbeschwerden können das Essen als Mensch mit SMA erschweren: Zu feste Nahrung ist schwer zu schlucken, zu flüssige kann verschluckt werden. Hier helfen sämige Konsistenzen, Suppen, Smoothies oder pürierte Gerichte. Auch vor einem generellen Zerkleinern von Speisen sollte man sich nicht scheuern.
Auch verdauungsfördernde Lebensmittel wie Flohsamenschalen, Leinsamen oder Joghurt können helfen, wenn der Darm mal träge ist. Kefir und eingelegtes, fermentiertes Gemüse sind weitere Möglichkeiten, ein gesundes Umfeld im Darm zu schaffen.
Individualkost statt 08/15-Diät

Es gibt keine perfekte „SMA-Diät“, aber es gibt Strategien, die funktionieren. Wichtig ist, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und auszuprobieren, was gut funktioniert.
Die richtige Ernährung kann zwar keine Wunder bewirken, aber sie kann definitiv das Energielevel, die Verdauung und das allgemeine Wohlbefinden verbessern. Und das ist doch schon eine ganze Menge!
Wie sieht deine Ernährung mit oder auch ohne SMA aus? Womit hast du gute Erfahrungen gemacht? Womit schlechte? Was sind deine einzigartigen Geheimtipps? Erzähle es mir in den Kommentaren!