Manchmal begegnet dir ein Spiel, das dir mehr über dein eigenes Leben erzählt, als du vorher angenommen hättest. Slay the Princess ist eines dieser Spiele. Auf den ersten Blick ein düsterer, narrativer Albtraum, bei dem du – wie der Titel es bereits spoilert – eine Prinzessin töten sollst. Doch je weiter du spielst, desto klarer wird: Es geht nicht um die Prinzessin als solche. Es geht um Veränderung. Die ständige, fordernde, manchmal beängstigende Veränderung, die jeden von uns begleitet.
Nur eine Prinzessin? Nein, Veränderung!

Stell dir vor, die Prinzessin ist nicht irgendeine Fremde in einem Kerker, sondern das Prinzip der Veränderung selbst. Sie lebt in deinem Kopf, verborgen, und wartet nur darauf, dein Leben durcheinanderzubringen.
Wie im Spiel stellt sie eine Bedrohung dar – oder zumindest denkst du so, je nach deinen eigenen Empfindungen ihr gegenüber. Du weißt nicht, was sie tun wird, wenn du sie frei lässt. Doch genau hier liegt das Dilemma: Wenn du sie tötest, was bleibt dann? Statik, Nichts, eine Karikatur dessen ist, was Leben sein könnte?
Slay the Princess zeigt, wie schwer es uns fällt, Veränderung zuzulassen, denn: Sie bringt immer Unsicherheit mit sich. Und seien wir ehrlich, die meisten von uns mögen Unsicherheit ungefähr so sehr wie eine kalte Dusche im Winter. Veränderung zwingt uns, Altes loszulassen, ohne zu wissen, ob das Neue besser sein wird. Doch sie ist auch das, was Leben erst möglich macht.
Veränderung – mein ständiger Begleiter

Für jemanden wie mich, der mit einer chronischen Behinderung, wie der Spinalen Muskelatrophie lebt, ist Veränderung keine abstrakte Idee. Sie ist ein täglicher Begleiter, nicht auf freiwilliger Basis.
Mein Körper verändert sich – langsam, aber unaufhaltsam. Manchmal spüre ich, wie ich an Kraft verliere und vielleicht eine ganz bestimmte Bewegung nicht mehr ausführen kann.
Es fühlt sich an, als würde mir die Prinzessin ins Ohr flüstern: „Du kannst mich nicht aufhalten.“ Und sie hat recht. Aber was ich gelernt habe, ist, dass Veränderung nicht nur etwas nimmt.
Ich verliere Fähigkeiten, das ist nicht abstreitbar. Gleichzeitig gewinne ich aber auch neue Fähigkeiten, neue Perspektiven, mit dem Leben umzugehen. Die Prinzessin ist nicht nur Zerstörerin. Sie ist auch Schöpferin.
Veränderung zwingt mich, kreativer zu sein, Lösungen zu finden, wo ich sie vorher nie zu suchen gewagt hätte. Sie fordert mich heraus, und hinter dieser Herausforderung finde ich oft mein größtes Wachstum.
Veränderung ist auch Chance!

Warum haben wir so viel Angst vor der Prinzessin? Vielleicht, weil Veränderung uns unsere eigene Verletzlichkeit vor Augen führt. Sie zeigt uns, dass wir nicht alles kontrollieren können. Und das ist ein harter Schlag für den Stolz. Aber was wäre, wenn wir die Veränderung nicht als Feindin sehen, sondern als Verbündete?
Im Spiel kannst du entscheiden, wie du mit der Prinzessin umgehst. Du kannst sie töten, um die Welt zu retten – aber was, wenn die Welt gar nicht gerettet werden will? Du kannst sie befreien, wissend, dass sie Chaos verursachen könnte – aber was, wenn genau dieses Chaos die Chance ist, die du brauchst, um neu zu beginnen?
Für mich bedeutet Veränderung, loszulassen. Loslassen von der Illusion, dass alles so bleibt, wie es ist. Loslassen von der Angst, dass ich nicht genug bin, um mit ihr umzugehen. In Wahrheit sind wir alle genug. Es ist nicht die Veränderung, die uns zerstört, sondern unser Widerstand gegen sie.
Veränderungen als Wegweiser für Entwicklung

Die schönste Lektion von Slay the Princess ist, dass Veränderung unvermeidlich ist. Egal, ob du die Prinzessin tötest, sie freilässt oder nichts von alledem tust und sie einfach sitzen lässt – sie wird dich verändern. Und das ist gut so. Denn Leben ist Veränderung. Ohne sie würden wir stagnieren. Ohne sie gäbe es kein Wachstum, keine neuen Möglichkeiten, kein Entdecken von Dingen, die wir uns nie zugetraut hätten.
Für mich war Veränderung oft eine Lehrmeisterin. Sie hat mir beigebracht, dass auch dunkle Momente nur ein Fleck auf dem Pfad vor einem sind. Dass selbst dann, wenn alles in sich zusammenfällt, die Möglichkeit besteht, nach etwas völlig Neuem zu greifen, was darunter verborgen liegt. Veränderung hat mich gezwungen, die Person zu werden, die ich heute bin – mit all meinen Ecken, Kanten und meiner Stärke.
Wie gehst du mit der Prinzessin um?

Was also nimmst du mit? Vielleicht das: Veränderung ist weder gut noch schlecht. Sie ist einfach. Sie passiert. Die Frage ist, wie wir darauf reagieren. Ob wir uns verkriechen und versuchen, sie zu stoppen, oder ob wir den Mut haben, ihr in die Augen zu sehen und zu sagen: „Zeig mir, was du kannst.“. Und dann tust du einfach, was auch immer.
Was ist deine Prinzessin? Was ist die Veränderung, die du fürchtest – oder vielleicht insgeheim ersehnst? Vielleicht können wir gemeinsam herausfinden, wie wir die Prinzessin in unserem Keller nicht nur überleben, sondern mit ihr tanzen lernen. Schreib mir, wie du mit Veränderung umgehst.